3. Nacht des Lichtes (31.10.2005)

Reportage über die Nacht des Lichtes 2004

Totenstille herrscht in der mit 400 Gläubigen gefüllten stockdunklen Stadtpfarrkirche in Aichach. Da taucht zu den Klängen von „Also sprach Zarathustra“ vor dem Hochaltar ein Mann mit der brennenden Osterkerze auf. Es ist Stadtprediger Herbert Gugler.

In der Priestergemeinschaft zu Mindelheim sei vor 4 Jahren die Idee zur „ Nacht des Lichtes“ entstanden, berichtet er uns. Immer wieder sei der dortige Stadtpfarrer in der Nacht vor Allerheiligen ans Telefon gerufen worden weil es plötzlich bei Betroffenen spukte. Grund seien okkulte Praktiken gewesen, die auf Halloweenparties betrieben würden. „Da wollten wir den ursprünglichen Sinn des Abends vor Allerheiligen, der früher dem Totengedenken vorbehalten war, wieder ins Bewusstsein rufen“, so der junge Priester (33). „Denn Jesus ist das Licht der Welt. Er ist stärker als alle dunklen Mächte und auch die des Totes.“

In Mindelheim wie in Aichach waren die Ministranten sofort Feuer und Flamme, diese neue Gottesdienstform in die Tat umzusetzen. „Wir nehmen in der Schule gerade das Thema Okkultismus mit all seinen schrecklichen Auswirkungen durch. Ich bin froh, dass ich zu Jesus dem Licht gehöre. Das zeige ich heute durch meine Teilnahme an diesem Gottesdienst“ meint Dominik (17).

Die Dramaturgie der Musik steigert sich. Parallel dazu wird es auch in der Kirche durch das Entzünden von Teelichtern immer heller. Leonardo (10), Martin (12) und Robert (13) haben alle Hände voll zu tun. 300 Teelichter sind allein im Altarraum zu entzünden. Sebastian (13) und Alexander (11) haben mit gut 100 Lichtern die Buchstaben „Jesus Licht“ auf die Stufen zum Altar gelegt. „Ich habe heute Abend auch meine Eltern mitgebracht“ berichtet Christoph (13) voll Freude. „Wir wollen etwas tun für Jesus und gegen alle dunklen Mächte.“

Oberministrant Matthias (21) hat schon gut 3 Monate vor diesem Event mit der Information und Motivation für den heutigen Abend begonnen. „Anfangs war es etwas schwierig, diesen Abend und seine Bedeutung den Kindern zu erklären. Doch als wir in den Gruppenstunden im Gespräch wegkamen von Kürbis und Verkleidung war die Zustimmung riesig.“ Das zeigt sich auch heute Abend. 50 Minis im Alter von 9 – 21 folgten der Einladung zur „Party für Jesus“, wie Stadtprediger Gugler in seinen einleitenden Worten den Gottesdienst bezeichnete.

Eine für die Nacht des Lichtes zusammengestellte Singgruppe der Ministranten sorgt für die musikalische Umrahmung. „Ich bin bei euch jederzeit“ klingt es fröhlich aus den Kehlen von ca. 10 Mädchen. Verena (19), Claudia (18) und Barbara (17), die auch selber Ministrantengruppen betreuen, sprechen im Namen aller einstimmig: „So eine tolle Stimmung gibt es nur selten in der Kirche. Der heutige Erfolg motiviert uns, den Chor der Minis vielleicht zu einer festen Einrichtung werden zu lassen.“

Der knapp 30-minütige Wortgottesdienst neigt sich dem Ende zu. Stadtpfarrer Johannes Schmidt, Diakon Georg Lutz, Pastoralassistent Markus Drößler sowie der Stadtprediger teilen die Teelichter nun an die Gläubigen aus. „Empfange das Licht Christi“ kann man hören. Währenddessen haben sich die Ministranten in Prozessionsordnung aufgestellt. Mit ihren typischen Fackeln führen sie die nun folgende Lichterprozession durch die Innenstadt zum nahe gelegenen Friedhof an.

„Polizei und Feuerwehr waren sofort bereit, den gut 500 Meter langen Zug abzusichern“ dankt Gugler den Ordnungshütern. Auch Landrat Christian Knauer sowie Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann unterstützten die Idee, so dass es auch möglich war, den Platz vor dem hell erleuchteten Leichenhaus zu einer abschließenden Station zu nützen.

„O Herr, gib ihnen die ewige Ruhe“, so beschließt Stadtpfarrer Schmidt nach einem Vater unser und Ave Maria das Gebet für die Verstorbenen, die bereits bei Gott im Lichte sind. Nun sind die tief bewegten Gläubigen eingeladen, ihr Licht auf das Grab ihrer verstorbenen Angehörigen zu stellen.

„Danke den Minis für diese großartige Idee. So was hat Aichach noch nie erlebt“ meint dann auch eine 75-jährige Frau. Auch die Minis sind beeindruckt von der Atmosphäre auf dem dunklen Friedhof. „Hier kann ein Frieden erfahren werden, der mir hilft, an das ewige Leben zu glauben“ meint Michael (13).

Auf dem Rückweg zur Kirche kommt es dann zu bemerkenswerten Erlebnissen. Die zahlreichen Kneipen der Innenstadt haben sich mit jungen, anlässlich des gleichzeitigen Halloweentages meist kostümierten Menschen gefüllt. Gelächter und Kopfschütteln über die Minis und Priester mit ihren Gewändern kann man hören und sehen. Doch das stört alle nicht. Im Gegenteil. „Da wird nur die eigene Unsicherheit überspielt. Viele meiner Altersgenossen werden dadurch erstmals seit langer Zeit wieder mit Kirche konfrontiert:“ Vielleicht denken sie ja doch nach über den eigentlichen Sinn des heutigen Abends“, so Markus (20).

Inzwischen wird die „Nacht des Lichtes“ in immer mehr Pfarrgemeinden der Diözese Augsburg gefeiert, nicht zuletzt um dem nicht ungefährlichen Halloween-Unwesen bewusst entgegenzusteuern und eine Alternative anzubieten. „Man merkt dies an den Zugriffszahlen auf unserer Homepage www.minis-aichach.de sowie an den Zuschriften im Gästebuch“, so der Webmaster der Minis, Andreas (21). Klar, dass auch dieses Jahr am 31. Oktober, dem Halloweentag, die Minis in Aichach zusammen mit der Pfarrgemeinde wieder eine „Nacht des Lichtes“ feiern.


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